Giersch – Aegopodium podagraria

Als wir vor Jahren unser Haus in Buchbach bezogen, war es Winter und der Garten präsentierte sich ziemlich kahl und nackt. Im Frühling begann es dann an allen Ecken und Enden zu sprießen und ich freute mich über jedes Zipfelchen Grün, neugierig, was sich denn daraus entwickeln würde. Lang hat sich diese Freude allerdings dann nicht gehalten, als ich feststellen musste, dass viele dieser grünen Spitzen sich in Giersch (Aegopodium podagraria) verwandelten.

Vom Giersch sagt man: „Einmal da – immer da.“ Sprich: man wird ihn nie wieder los.
Nun habe ich ja grundsätzlich nichts gegen ihn. Aber wenn er dann mit seinem dichten und unausrottbaren Wurzelwerk alle meine geliebten Blumenbeete zu beherrschen beginnt, dann mag ich ihn nimmermehr. Giersch ist ja ein wunderbares Frühjahrsgemüse. Man kann ihn in die Neun-Kräuter-Suppe geben, man kann mit den jungen Blättern Spinat kochen, Salat machen und Aufstriche herstellen. Aber: so viel Giersch, wie bei uns im Garten wächst, würde eine ganze Kompanie hungriger Mäuler stopfen können – und es wäre immer noch genug da!
Ich habe also beschlossen, ihn einfach gewähren zu lassen. Ausrotten geht ja sowieso nicht.

Dann kam mir in den Sinn, mich zu fragen, warum er gerade bei uns so gerne und gut wächst. Denn wenn eine Pflanze rund ums Haus verbreitet ist und noch dazu in solch einer üppigen Vegetationsform, dann will mir das auch etwas sagen. Fragt sich also, was mir der Giersch mitteilen möchte: ich hab’s noch nicht herausgefunden…

Der Giersch – er hat noch andere Namen, wie z.B. Geißfuß, Zipperleinskraut, Erdholler, Dreiblatt und Podagrakraut – gehört zu den Doldenblütlern (Umbelliferae) und kann eine Höhe von ca. 100 cm erreichen. Seine Stängel sind dreikantig und seine Blüten lichte, weiße Doldenwolken. Seine Früchte sehen ähnlich aus wie Kümmel und schmecken recht ähnlich (in meinem Garten hat er allerdings keine Gelegenheit dazu, Früchte zu tragen, denn ich pflücke die Blüten spätestens dann, wenn sie erscheinen, für meinen Wildblumenstrauß).

Die Wurzeln des Gierschs sind lange, weiße Rhizome, die sehr leicht abbrechen und sich so immer weiter vermehren, denn aus jedem Wurzelstückchen werden neue Pflanzen…

Eigentlich ist der Giersch eine schattenliebende Pflanze. Ursprünglich war er ein reiner Waldbewohner, wo man ihn ja auch heute noch finden kann. Er treibt im April aus – da sind seine kleinen grünen zarten Blättchen zusammengerollt. Wenn sie gerade beginnen, sich auszurollen, dann schmecken sie übrigens am besten! Man kann diese jungen Blättchen auch ähnlich einsetzen wie Petersilie. Sie riechen ein wenig nach Karotte (daran kann man den Giersch auch gut erkennen). Und diese Blättchen wuchern regelrecht flächendeckend, siehe oben…

Giersch wurde im Mittelalter als Nutz- und Heilpflanze verwendet. Wie der Name „Zipperleinskraut“ schon andeutet, wurde er damals für rheumatische Beschwerden und Gicht  („Podagrakraut“) verwendet. In den alten Kräuterbüchern habe ich beim Stöbern bei Tabernaemontanus darüber etwas gefunden: „Wiewol der Geyßfuß ein veracht unnd unachtsam Kraut ist/ so hat es doch auch seinen gebrauch in der Artzeney uberkommen/ und wird insonderheit höchlich gelobt zu dem Zipperlein/ Gliedsucht und Hüfftwehe.“

Auch bei Kräuterpfarrer Künzle findet sich etwas zum Giersch in Bezug auf Rheumatismus und Gicht.

Seine Inhaltsstoffe – mit viel Eisen, Vitamin C und Carotin – sind für unseren Zellstoffwechsel sehr wichtig und vor allem auch für unser Immunsystem, das nach dem Winter sowieso einen guten Schubs verträgt.
Wolf-Dieter Storl schreibt über den Giersch, dass man ihn wie Sauerkraut einlegen kann.

Mein bevorzugtes Rezept mit Giersch:
Gedünstetes Frühlingsgemüse
4-5 Handvoll junge Gierschblättchen
2-3 Handvoll junge Brennnesselblätter
2 Eßlöffel Rapsöl
zum Aufgießen 1/8 l Gemüsebrühe
etwas Muskat
Salz
Das Rapsöl erhitzen, die Giersch- und Brennnesselblätter hineingeben, zusammenfallen lassen und mit Gemüsebrühe aufgießen. Mit Muskat und Salz und eventuell Kräutern nach Vorhandensein und Belieben würzen. Alternativ kommt bei mir dann noch ein Becher Crème freche dazu. Getoastetes oder geröstetes Schwarzbrot rundet die gesunde Mahlzeit ab.

Achten Sie bitte bei Wildsammlung darauf, dass es Verwechslungsmöglichkeiten mit giftigen Doldenblütlern geben könnte. Wichtig ist, dass Sie darauf achten, dass der Blattstiel im Querschnitt dreikantig sein muss, denn die giftigen Doldenblütler haben keinen solchen dreikantigen Stängel!